Kann man das Risiko von Borrelieninfektionen bei Aktivitäten im Freien quantifizieren?

Mai 2, 2017 | Allgemeines, News

Borrelien haben bekanntlich durch Zecken übertragen und verursachen die Lyme-Borreliose. Die Inzidenz dieser Erkrankung steigt signifikant. So gab es in Deutschland beispielsweise im Jahr 2005 17000 Fälle und 2011 bereits 59000 Fälle. Vielleicht führt die Klimaerwärmung zu einer Zunahme der Anzahl von Zecken oder es werden mehr Zecken mit Borrelien infiziert als in der Vergangenheit.
 
Eine der Ursachen für die Zunahme der Borreliose könnte auch eine Zunahme des Aufenthalts verschiedenster Bevölkerungsschichten im Freien sein. Infektionsmediziner und Epidemiologen der Universität Salford/Schottland haben sich diesem Thema gewidmet und eine interessante Felduntersuchung vorgenommen. In den schottischen Highlands findet nämlich jedes Jahr der sog. „Low Alpine Mountain Marathon“ statt, der sich über zwei Tage erstreckt und an dem mehrere hundert Läufer teilnehmen (1). Die Dauer des Aufenthalts dieser Läufer kann natürlich anhand ihrer Laufzeit exakt bestimmt werden.
 
Nach dem ersten Tag untersuchten die schottischen Forscher die insgesamt 624 Teilnehmer mit grösster Sorgfalt auf Zecken und sammelten die auf der Haut identifizierten Parasiten ein.
Erstaunlicherweise waren am ersten Tag des Marathonlaufs 8,5% und am zweiten Tag 13,8%  der Teilnehmer von mindestens einer Zecke befallen. Bei einigen Läufern wurden viel grössere Mengen (bis zu 28 Zecken in verschiedenen Entwicklungsstadien) gefunden. Eine Umrechnung auf die Laufzeit jedes Teilnehmers ergab eine Inzidenz von 29 Zeckenstichen pro 1000 Stunden Aufenthalt im Freien. Das ist fast das 95-fache der Zahl, die bei Soldaten in einem Ausbildungslager in Norddeutschland ermittelt wurde – der bisher einzigen Studie mit ähnlicher Fragestellung. Vielleicht beruht dieser Unterschied auf der Tatsache, dass die Läufer nur leichte Joggingkleidung trugen, die Soldaten aber Uniform mit Schnürstiefeln, etc.
 
Besonders beeindruckend bei der schottischen Studie war das Ergebnis einer genauen mikrobiologischen Analyse. Es wurden nämlich mittels molekularbiologischer Methoden verschiedene Borrelien-Spezies identifiziert. Borrelia burgdorferi, der Erreger der Lyme-Borreliose, war mit ca. 11% die häufigste Form.
 
Fazit: Zum Schutz vor Zecken sollte man im Freien entsprechende Kleidung tragen und bewährte Zeckenschutzmittel verwenden. Eine Impfung gegen Borreliose gibt es ja leider – im Gegensatz zu der übrigens in Österreich erstmals entwickelten Impfung gegen die viral bedingte Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME) – noch nicht (2).
 
 
Ref.
 
(1)
Hall JL et al.
„Use of Mass-Participation Outdoor Events to Assess Human Exposure to Tickborne Pathogens“
Emerg. Infect. Dis. 2017 Mar;23(3):463-467.
 
(2)
NZZ Ausgabe 22. März 2017 / Forschung und Technik
S. 39