Eine einheitliche Ursache für das adrenale Cushing-Syndrom

Jan 31, 2022 | Allgemein, Hormondiagnostik

Morbus Cushing basiert auf einem Adrenocorticotropes Hormon (ACTH)-produzierendem Tumor des Hypophysenvorderlappens, was die Nebennieren zu erhöhter Cortisolproduktion stimuliert. Alle anderen Formen von Hypercortisolismus nennt man Cushing Syndrom (CS). Die wichtigste Ursache für CS ist nach wie vor iatrogen, d.h., es ist durch eine Therapie mit hochdosierten (!, nie mit physiologisch dosierten!) Glucocorticoiden (GC) bedingt. Man muss bei Patienten mit einem CS aber immer auch an ein Nebennierenrinden (NNR)-Adenom denken. Unter Verwendung der genetischen Methode des „whole exome sequencing“ (WES) haben vor einigen Jahren mehrere Arbeitsgruppen gleichzeitig die molekularen Mechanismen der Entstehung von Cortisol-produzierenden adrenalen Adenomen aufgeklärt (Ref.) Es handelt sich dabei um eine Mutation der katalytischen Untereinheit der von zyklischem-AMP (cAMP) abhängigen Proteinkinase A (PKA).

Adrenocorticoide Adenome führen bekanntlich zu den gleichen klinischen Symptomen wie bei einer Behandlung mit hochdosierten GC, also abdominaler Adipositas, lila Hautstreifen (sog.  Striae), sowie erhöhtem Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Osteoporose (Abb.)

Die PKA-Signalkaskade steht ganz allgemeint im Zentrum jeder zellulären Signaltransduktion und ist in allen Eukaryonten hoch konserviert. Es ist seit langem bekannt, dass in der NNR die Aktivierung der PKA sowohl die Zellvermehrung als auch die Hormonproduktion fördert. ACTHaus der Hypophyse stimuliert bekanntlich die Produktion von Cortisol aus der NNR über die Aktivierung des Melanocortin 2-Rezeptors (MC2R) , welcher mit einem stimulatorischen GTP-bindenden Protein (Gs) gekoppelt ist und damit die Adenylatcyclase und so über eine Erhöhung von cAMP den PKA-Signalweg stimuliert.

Patienten mit chronisch erhöhtem ACTH, wie im Fall von ACTH-produzierenden Tumoren, entwickeln ein CS (= Hypercortisolismus) und eine hyperplastische NNR. Eine Überfunktion bei benignen NN-Tumoren beruht ebenfalls auf abnormalem (= autonom erhöhtem) cAMP/PKA Signaling. Bereits früher identifizierte Ursachen für ein verstärktes PKA-Signaling in der NNR umfassten eine ektopische Expression von G-Protein gekoppelten Rezeptoren (GPCRs),  eine gain of function-Mutation von Gs (Mc Cune–Albright-Syndrom), loss of function-Mutationen in der regulatorischen PKA-Untereinheit (Gen: PRKAR1A, sog. Carney-Komplex)sowie Mutationen in der katalytischen PKA-Untereinheit selbst (Gen: PRKACA); letztere so, dass sie von der regulatorischen Untereinheit unabhängig und damit konstitutiv (= permanent über-)aktiv wird.  Schliesslich ist noch eine loss of function-Mutation der Phosphodiesterase (PDE) aufzuzählen, womit der Abbau von cAMP vermindert wird bzw. unterbleibt.

Da, wie erwähnt, ein PKA-Signaling in allen Zellen des Körpers stattfindet, muss man leider annehmen, dass eine konservative Therapie, die diesen Signaltransduktionsmechanismus antagonistisch beeinflußt, schwere toxische Nebenwirkungen nach sich ziehen würde.

Referenz: Kirschner, L. S. (2014). A unified cause for adrenal Cushing’s syndrome. Science, 344(6186), 804–805. https://doi.org/10.1126/science.1254901

Abb.: