Hormondiagnostik von PCO (Polycystisches Ovarsyndrom)

Mai 6, 2014 | Hormondiagnostik, News

PCO tritt meist im gebärfähigem Alter auf und ist mit Oligoamenorrhoe und Infertilität assoziiert bzw. begründet diese Symptome. In diesem Alter ist es grundsätzlich erforderlich, sich bei Hormonuntersuchungen nach der Zyklusphase zu richten. Den höchsten "Informationsgehalt" bzgl. der Fragestellung "hatte Patientin einen Eisprung oder nicht?" ist die Messung von Progesteron am 20.-22. Zyklustag (Tag nach der letzten Menstruation). An diesem Tag sollte man ausserdem Östradiol-17ß, FSH, LH und Prolactin messen. Bei Verdacht auf PCO sollten noch Androgen-Parameter untersucht werden, also Gesamt-Testosteron, SHBG (Sex Hormone Binding Globulin) und evt. freies Testosteron.
Hyperandrogenismus – auch bei PCO! – kann grundsätzlich zweierlei Ursachen haben: (a) adrenal (= Zona reticularis-Zellen der Nebennierenrinde) und (b) ovariell (= Thekazellen). Daher sollten auch adrenale Steroide gemessen werden: 17a-Hydroxprogesteron, 11-Deoxycortisol, Cortisol, DHEA bzw. DHEA-Sulfat, sowie Androstendion. Einer adrenalen Ursache könnte ein (Late-onset) Adrenogenitales Syndrom (Enzymdefekt) zugrunde liegen, was zu einer Verminderung des Hormons Cortisol führt, gleichzeitig aber zu einer Erhöhung von ACTH, sodass eine beidseitige Hyperplasie und Hyperaktivität resultiert, die zu einer Erhöhung der beiden Cortisol-Vorläufersteroide 17a-Hydroxprogesteron und 11-Deoxycortisol führt. Langfristig bewirkt dies auch eine Zunahme der androgenen Steroide DHEA bzw. DHEA-Sulfat, sowie Androstendion. Im Falle eines androgen-aktiven adrenalen Tumors (einseitig), würden nur die Androgene erhöht sein, Cortisol und seine Vorläufersteroide jedoch nicht.
Im Falle eines rein ovariell bedingten Hyperandrogenismus würde das Gesamt-Testosteron erhöht, in Folge das SHBG erniedrigt und freies Testosteron besonders deutlich erhöht sein; die adrenalen Androgene (Androstendion) wären in diesem Fall aber nicht erhöht.
 
Differentialdiagnostisch ist ein Hyperandrogenismus noch von einem mit exogener Ursache abzugrenzen: z.B. bei Einnahme von Anabolika, Androgenen und Medikamenten, wie z.B. Danazol (bei Endometriose häufig verabreicht), welche die Synthese von SHBG hemmen, die Bindung von Testosteron an SHBG kompetieren und über beide Mechanismen zu einer Erhöhung des freien Testosterons führen.
Die Unterscheidung von adrenalem und ovariellem Hyperandrogenismus kann weiters durch Funktionstests erhärtet werden: ersteres müßte durch einen über mehrere Tage gehenden Dexamethason-Hemmtest supprimierbar sein; letzteres bei einem über mehrere Tage gehenden LHRH-Test über die Downregulation von LHRH-Rezeptoren in den sog. Gonadotrophs des Hypophysenvorderlappen, die eine Senkung des Testosterons bewirken. Solche Tests sollten aber nur in Ambulanzen einer endokrinologischen Klinik durchgeführt werden.
Es muss betont werden, daß nur eine Gesamtschau aller der genannten endokrinologischen Analyte eine verlässliche Diagnose erlaubt.
 
 
 
 
tit.ao.Univ.Prof. Dr. Siegfried Schwarz
Sektion für Exp. Pathophysiologie & Immunologie
Biozentrum
Medizinische Universität Innsbruck