Weitere Unterstützung für die Hygienehypothese in der Allergie

Okt 3, 2016 | Allergiediagnostik, News

Die seit vielen Jahren diskutierte Hygienehypothese für das Verständnis der Entstehung bzw. Verhinderung von Allergien besagt, dass Kinder, die unter „schmutzigen“ Lebensbedingungen (etwa auf Bauernhöfen) aufwachsen, ein geringeres Risiko aufweisen, später Allergien zu entwickeln, als Menschen, die in der Kindheit „sauberen“ Umweltbedingungen ausgesetzt sind (z.B. in Städten) (1). Diese Überlegungen gelten übrigens auch für die Entstehung von bzw. den Schutz vor Autoimmunerkrankungen (2).
 
In einer jüngst im „New England Journal of Medicine“ erschienenen Arbeit von MM Stein et al. (3) wird die Gültigkeit der Hygienehypothese für die Entstehung des kindlichen Asthmas orginell und schlagend bewiesen.
Die Autoren untersuchten Kinder aus Familien der Amischen und der Hutterer in den USA, beides Populationen von Einwanderern, die für Ihre sehr konservative Lebensführung bekannt sind. Beide Gruppen betreiben Ackerbau, die Amischen allerdings noch auf traditionelle Weise mit viel Handarbeit, die Hutterer unter Verwendung moderner industrieller Hilfsmittel. Dies bedingt, dass die Kinder der Amischen im Vergleich zu jenen der Hutterer vermehrt den verschiedensten Umweltantigenen (Staub, Tierhaare, bakterielle Endotoxine, etc.) ausgesetzt sind, d.h. unter „schmutzigeren“ Bedingungen als die Hutterer leben. Die Folge ist eine signifikante Verminderung von kindlichem Asthma in ersteren im Vergleich zu letzteren.
 
Auch in Tierversuchen wurden Mäuse mit Amisch- und Hutterer-Stäuben intranasal behandelt. Die Verabreichung von Amisch-Staub führte – im Gegensatz zum Hutterer-Staub – zu einer signifikanten Hemmung der pulmonalen Hyperreaktivität und der Eosinophilie. Wenn in diesen Experimenten Mäuse verwendet wurden, bei denen ein Signaltransduktionsweg (MyD88 und Trif) ) der angeborenen Immunität genetisch ausgeschaltet ist, hatte der Amisch-Staub keine protektive Wirkung. Daraus schliessen die Autoren, dass der protektive Effekt des Hygiene-Mechanismus über Signalwege von Zellen des angeborenen Immunsystems mediiert wird.
 
In einem Editorial wird dies im gleichen Heft mit einer übersichtlichen Abbildung dargestellt (4).
 
 
Ref.
(1)
Eder W., Ege MJ, von Mutius E.
„The asthma epidemic“
N Engl J Med. 2006 Nov 23;355(21):2226-2235.
 
 
(2)
Bach JF
„The effect of infections on susceptibility to autoimmune and allergic diseases“
N Engl J Med. 2002 Sep 19;347(12):911-920
 
 
(3)
Stein MM et al.
„Innate Immunity and Asthma Risk in Amish and Hutterite Farm Children“
N Engl J Med. 2016 Aug 4;375(5):411-21.
 
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27518660
 
 
(4)
 
http://www.laborwick.com/wp-content/uploads/files/Farming_Lifestyle_NEJM_2016_Chatila.pdf