Androgene und Androgen-Rezeption – Teil 1

Okt 24, 2018 | Hormondiagnostik, News

Androgene und Androgenrezeptoren

 

Androgene

Die vier androgenen Hormone Dehydrotestosteron (DHT), Testosteron, Androstendion, und Dehydroepiandrosteron (DHEA) basieren strukturell alle auf dem Cholesterin-Grundgerüst und werden von Gonaden und Nebennieren produziert. DHT ist wirksamer als Testosteron, während Androstendion und DHEA nur 10% bzw. 5% der endokrinen Potenz von Testosteron aufweisen. Testosteron ist das am höchsten konzentrierte Androgen im Serum von Männern, während die Menge von DHT nur ein Zehntel der Konzentration von Testosteron ausmacht. Testosteron kann zu Androstendion (und vice versa) umgewandelt werden, und beide können durch das Enzym Aromatase zu Östrogenen aromatisiert werden. DHEA bindet an verschiedene Steroidhormonrezeptoren, inkl. der Androgenrezeptoren (AR) und die Östrogenrezeptoren aund b; an letztere allerdings mit geringerer Affinität als deren primäre Liganden. DHEA kann ausserdem in reversibler Weise zu DHEA-S modifiziert werden, das wiederum in der Peripherie zu Testosteron (vor allem bei prämenopausalen Frauen) und Östrogenen (vor allem bei postmenopausalen Frauen) metabolisiert wird. Von den vier erwähnten Androgenen wird nur DHT nicht  zu Östrogenen konvertiert, weshalb die Resultate klinischer Studien über dessen Wirkungsweise am leichtesten interpretiert werden können.

 

Androgenrezeptoren (ARs)

Abgesehen von ihrer Rolle im Rahmen der Entwicklung und der Expression eines männlichen Phänotyps, regulieren AR auch die Immunfunktion über die Transkription zahlreicher Gene durch DNA-bindungsabhängige und –unabhängige Mechanismen. Der klassischeAR ist im X-Chromosom kodiert und fungiert als Signaltransduktionsprotein und als Transkriptionsfaktor für die Entwicklung und Expression des männlichen Phänotyps.

Im Zytoplasma ist der AR mit sog. Hitzeschockproteinen verbunden und wird erst nach Abspaltung dieser Schutzproteine (engl. chaperones) biologisch aktiv. Die Signaltransduktion über den klassischen AR ist ein mehrstufiger Prozess, der von einer Rezeptor-Dimerisierung, der Bindung der hormonellen Liganden, der Interaktion mit bestimmten Kofaktoren, und schliesslich der DNA-Bindung bestimmt wird. Nach der Bindung von Androgenen an den AR, werden die Schutzproteine durch bestimmte Kofaktoren ersetzt und der Rezeptor-Ligand-Komplex kann in den Kern transloziert werden, wo er sich an spezifische regulatorische DNA-Sequenzen (androgen response elements – AREs) bindet und die Transkription verschiedener Gene reguliert.

 

Abgesehen von den beschriebenen klassischen ARs, gibt es noch sog. nicht-klassische (NC)-ARs,die andere nukleäre Rezeptoren, Transkriptionsfaktoren und zytoplasmatische Signalwege viel schneller als der klassische AR aktivieren, wie z.B. die interzelluläre Kalziumfreisetzung und die Bildung von Inositol 1, 4, 5–Triphosphat. NC-ARs können – im Gegensatz zu den klassischen ARs – auch in der zellulären Plasmamembran, also an der Zelloberfläche, lokalisiert sein, wo sie mit G-Protein gekoppelten Rezeptoren assoziiert sind und internalisiert werden können. NC-ARs können allerdings auch bereits primär im Zytoplasma nachgewiesen werden. Sie können Androgene entweder direkt oder indirekt über das Steroidhormon-Bindungsglobulin (SHBG) binden. Aus onkologischer Sicht ist es wichtig zu wissen, dass ARs auch durch verschiedene Androgen-unabhängige Wachstumsfaktoren aktiviert werden können.