Urtikaria Teil 1 – Richtlinien der European Association for Allergy and Clinical Immunology (EAACI) für die Definition, Klassifikation, Diagnose und das Management der Urtikaria

Aug 14, 2017 | Allergiediagnostik, News

Die akute Urtikaria ist eine häufige (lebenslange Prävalenz ca. 20%) Mastzellen-getriebene Erkrankung, die durch Quaddeln, Angioödem oder beides charakterisiert ist. Die chronische spontane Urtikaria und andere Formen dieser Erkrankung führen nicht nur zu einer Einschränkung der Lebensqualität, sondern beeinträchtigen auch die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit und in der Schule. In ausführlichen Guidelines der EAACI stellen T. Zuberbier et al. verschiedenste Aspekte dieser Erkrankung in praxisnaher und komprimierter Form dar (1).
 
Klinische Symptome:
 
Urtikaria
Plötzliches Auftreten von Quaddeln, Angioödem oder beidem.
 
Quaddeln:
Eine Quaddel zeigt drei typische Merkmale:
·      Zentrale Schwellungen verschiedener Grösse, die fast immer von einem Reflexerythem umgeben sind
·      Juckreiz; gelegentlich Gefühl von brennendem Schmerz
·      Volatile Symptomatik der Haut mit Rückkehr zum normalen Erscheinungsbild, im Allgemeinen nach 1 bis 24 Stunden; gelegentlich verschwinden die Quaddeln sogar in noch kürzerer Zeit.
 
Angioödem
·      Plötzliche rötliche oder farblose Schwellung der tieferen Dermis und Subkutis, mit häufiger Beteiligung von Schleimhäuten
·      Gelegentlich verbunden mit Schmerz statt Juckreiz
·      Normalisierung braucht länger als nach Quaddeln und kann bis zu 72 Stunden dauern.
 
Pathophysiologische Aspekte:
Die Urtikaria ist eine Mastzellen-getriebene Erkrankung. Histamin und andere vasoaktive Mediatoren wie Platelet Activating Factor – PAF und verschiedene Zytokine werden von aktivierten Mastzellen abgegeben. Dies resultiert in der Aktivierung sensorischer Nerven, Gefässerweiterung und vermehrter Gefässdurchlässigkeit, sowie der Rekrutierung von Entzündungszellen in die urtikartielle Läsion. Die Mastzell-aktivierenden Signale bei Urtikaria sind schlecht definiert und wahrscheinlich sehr heterogen. Pathohistologisch sind die Quaddeln durch ödematöse Veränderungen in der oberen und mittleren Dermis charakterisiert, mit einer Erweiterung der postkapillären Venolen und lymphatischen Gefässen in der oberen Dermis. Beim Angioödem werden ähnliche Beobachtungen in der tieferen Dermis und der Subkutis gemacht.
 
Die durch Quaddeln betroffenen Hautstellen weisen fast immer eine vermehrte Expression endothelialer Adhäsionsmoleküle auf, und ein unterschiedlich starkes entzündliches perivaskuläres Infiltrat aus Neutrophilen und/oder Eosinophilen, Makrophagen und T-Zellen, aber ohne Gefässwandnekrosen, die bekanntlich ein Kennzeichen urtikartieller Vaskulitiden ist. Einige Autoren berichten über einen mässigen Anstieg von Mastzellen an diesen Stellen. Bei verzögerter, durch mechanischen Druck bedingter Urtikaria sind die Infiltrate typischerweise in der mittleren oder tieferen Dermis lokalisiert. Bei manchen Subtypen der Urtikaria beobachtet man eine vermehrte Expression von Adhäsionsmolekülen auch in nicht betroffenen Hautanteilen.
 
Alle diese  Beobachtungen unterstreichen die komplexe Pathogenese der Urtikaria, die nicht nur durch die Freisetzung vasoaktiver Amine aus Mastzellen erklärt werden kann.
 
Eine Suche nach spezifischeren, histologisch fassbaren Biomarkern für die verschiedensten Untergruppen der Urtikaria wäre äusserst wünschenswert.
 
 
Ref.
Zuberbier T. et al.
„The EAACI/GA(2) LEN/EDF/WAO Guidelines fort he definition, classification, diagnosis, and mnagement of urticaria: the 2013 revision and update“
Allergy. 2014 Jul;69(7):868-87.
 
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24785199